Der mainbook Verlag ist vielleicht
nicht jedem geläufig, aber ein waschechter Frankfurter. Aber er bietet
interessante Literatur. Ich möchte Euch den kleinen unabhängigen Verlag mal
näher vorstellen und habe mit Gerd Fischer ein Interview geführt. in Frankfurt auf der Buchmesse habe ich ihn persönlich getroffen und wir zwei verstanden uns auf Anhieb super. Und dort Gerd verriet mir, das er den Frankfurter Äppelwoi sehr gerne mag :-).
Bild von mainbook Verlag |
Magst Du Deinen Verlag einmal
vorstellen? Wie ist seine Entstehungsgeschichte? Seit wann gibt es ihn? Wie
kommt man zu seinem eigenen Verlag? Was ist das Besondere an diesem Verlag?
o
Es begab sich zu Beginn des Jahres
2010 in Frankfurt ... ich war Krimi-Autor, hatte bereits einen Krimi
veröffentlicht und stand kurz vor dem zweiten. Doch die Zusammenarbeit mit dem
Verlag war schwierig, tendenziell zermürbend, bis ich so frustriert war, dass
ich kurzerhand meinen eigenen Verlag gründete. Richtig gehört! Einen
Eigenverlag, in dem ich meine Krimis veröffentlichen wollte. Und vor allem
wollte ich es besser machen als mein alter Verlag. Zum Beispiel im Umgang mit
Autoren. Natürlich brauchte ich sofort einen Verlagsnamen. Nach zwei Flaschen
Rotwein mit meiner Nachbarin machte es Klick und er war da: mainbook. Cool!
Eine Kurzumfrage im Freundeskreis brachte nur Lob. Also gut. Los geht’s! Blieb
nur die Frage: Wie geht eigentlich Verlag? Wie funktioniert so ein Ding
eigentlich? Was muss man tun, um Bücher herauszubringen? Okay, Gewerbe
angemeldet und einfach mal gemacht. Die Anfangszeit war geprägt durch learning
by doing und Tipps von Freunden. Zum Glück hatte ich 12 Jahre für
Werbeagenturen als Texter gearbeitet, sodass ich die Zusammenarbeit mit
Druckereien kannte, und auch im Marketing/PR nicht ganz unbewandert war.
Als ich dann im
Juni 2010 tatsächlich das erste mainbook-Buch in den Händen hielt (den Krimi
„Lauf in den Tod“), konnte ich es kaum fassen. Ein Buch war erschienen in
meinem eigenen Verlag. WOW! Welch ein Gefühl. Doch dabei blieb es nicht. Ich
hatte durch die Frustphase mit dem Verlag mehrere Manuskripte in der Schublade,
die ich nach und nach veröffentlichte. So entstand meine Krimi-Reihe mit dem
Frankfurter Kommissar Rauscher, der gerne mal einen Apfelwein zu viel trinkt,
und inzwischen eine Art Kultstatus erreicht hat – zumindest bei einer
eingeschworenen Leserschaft. Inzwischen sind 8 Bände erschienen.
Womit ich anfangs
überhaupt nicht gerechnet hatte, war, dass ich aufgrund meiner Verlags-Homepage
Leseproben und Exposées von anderen Autorinnen und Autoren zugesandt bekam.
Dummerweise fanden sich darunter so gute Texte, die ich unmöglich ablehnen
konnte. Ich musste mir etwas überlegen und so nahm ich meine erste Autorin
unter Vertrag. So wurde also aus dem Eigenverlag im Laufe der Jahre 2011/2012
ein normaler kleiner, junger unabhängiger Verlag, der sich auf eine spannende
Literaturreise begab – mit ungewissem Ausgang, denn noch wusste ich nicht, ob
so ein Verlag überhaupt überlebensfähig war. Bei der einen Autorin blieb es
nicht lange, es folgten weitere, heute sind wir knapp 40 – für mich wie eine
kleine Familie. Zudem haben sich die Themen, Genres und Segmente erweitert.
Ende 2012 bin ich zum Glück auf den fahrenden E-Book-Zug aufgesprungen, ohne
den der Verlag heute nur sehr, sehr schwer zu führen wäre.
Das ist also das
Besondere an mainbook: Der Verleger ist gleichzeitig auch Autor, nimmt immer
beide Perspektiven ein. Das ist wichtig, denn ich beziehe meine Autorinnen und
Autoren in alle Entscheidungen rund um die Bücher mit ein. Da ich auch als
Lektor arbeite, gibt es sogar noch eine dritte Perspektive, die sich speziell
der Texte annimmt und die sich immer wieder freut, wenn aus einem guten
Manuskript ein tolles Buch wird ...
· Wie sieht ein normaler
Arbeitstag bei Deinem Verlag aus?
o
Vielleicht denken einige, dass Bücher
verlegen immer das Gleiche und unspannend ist. Das Gegenteil ist der Fall. Es
ist jeden Tag neu, überraschend und lehrreich, Verleger zu sein. Warum? Die
Verlagsbranche und der Buchmarkt wandeln sich permanent – insbesondere durch
den digitalen Wandel – und sind sogar durch das Aufkommen der E-Books auf den
Kopf gestellt worden. Zugegeben: Der Markt für gedruckte Bücher und deren
Vertrieb läuft in eingefahrenen Bahnen, aber durch die folgenden Fragen ist
schon klar erkennbar, was den E-Book-Markt so neu macht: Verändert sich durch
die E-Books das Leseverhalten der Leser? Kann man E-Books streamen? Was ist ein
epub und worin liegt der Unterschied zu epub3? Worin unterscheiden sich Offset-
und Digitaldruck? Wie funktioniert Marketing bei E-Books? Wie stelle ich den
Vertreib von E-Books auf die Beine? Was ist ein Erlös-Modell und worin lieg der
Unterschied zum Abo- oder Flatrate-Modell? Wie bringe ich die Backlist-Titel
bei den E-Book-Shops ins Gespräch? Warum sind Metadaten bei den E-Books so
wichtig?
Ich bin
Autodidakt und muss es sein, sonst käme ich längst nicht mehr hinterher. Ich
muss mich auf alles einstellen, neu einstellen, den E-Book-Vertrieb
organisieren, dabei hilft mir seit drei Jahren mein externer
E-Book-Dienstleister, ohne den ich verloren wäre. Denn 32 deutschsprachige und
ca. 150 internationale Online-Shops kann ich unmöglich allein beliefern. Und
erst die Abrechnungen ... No way!
Der E-Book-Markt
ist inzwischen ein sehr wichtiges Segment geworden, insbesondere für die
Genreliteratur, und daher baue ich bei mainbook diesen Bereich unter dem Label
‚mainebook‘ sukzessive aus. Ohne E-Books wäre mainbook (und wohl viele andere
kleine Verlage) kaum überlebensfähig. Heutzutage ist es aufgrund der Flut an
Neuerscheinungen nicht mehr normal, mit jedem Buch auch in die Buchhandlungen
zu kommen. Dafür gibt es insgesamt zu viele Bücher. Deshalb ist der Kontakt und
die Zusammenarbeit mit den Buchhandlungen enorm wichtig. Die großen Verlage
sind dort die Platzhirsche, die den kleinen manchmal die Luft zum Atmen nehmen (stimmt, hab ich auf der Buchmesse selber erlebt sogar als Blogger)
Ich hoffe sehr, dass nicht auch noch die Buchpreisbindung in Deutschland fallen
wird (böse Zungen behaupten, es könnte im Zuge des Freihandelsabkommens TTIP
geschehen), denn ohne Buchpreisbindung stünden meiner Ansicht nach sofort die
Hälfte der (kleineren) Verlage und auch der Buchhandlungen auf der Kippe.
Neben den
Neuerungen und innovativen Entwicklungen der Buchbranche, die mir tagtäglich
begegnen, gibt es sehr wohl auch Abläufe und Jobs, die sich nie ändern werden.
Das Lesen und Sichten neuer Manuskripte und Exposés zum Beispiel nimmt viel
Zeit in Anspruch, aber es ist auch unglaublich spannend. Was ich schon alles
auf dem Schreibtisch hatte! Von einem Reiseführer auf den Mars über „Das Leben
meines Wauzis“ bis zu einem Ratgeber zur Züchtung von Keimlingen war alles
dabei: vor allem Krimis, Thriller, Fantasy, ambitionierte Romanprojekte,
Lyrikbände, Ratgeber. Am häufigsten bekomme ich Genreliteratur zugesandt.
Leseproben, die keine Fehler enthalten, sind sehr, sehr selten. Leseproben, die
mehr falsche als richtige Sätze enthalten, hingegen nicht. Manchmal vermisse
ich die Sorgfalt im Umgang mit der Sprache, dem Text, dazu gehört nun einmal
auch die Rechtschreibung und Zeichensetzung.
Wenn mich eine
Leseprobe überzeugt und ich mit der Autorin/ dem Autor einen Autorenvertrag
geschlossen habe, geht es an die Umsetzung. Ich habe ein Portfolio an freien
Mitarbeitern und mein Job ist es, den Richtigen für ein bestimmtes Buchprojekt
auszuwählen, wenn es um ein Lektorat oder Korrektorat geht, wenn es um die
Gestaltung eines Covers, eines Buchlayouts, eines Plakates oder um eine
Photoshop-Retusche geht.
Parallel dazu
werden Klappentexte, Inhaltstexte und Autorenvita entwickelt, wobei ich die
Autoren stets einbeziehe und Vorschläge erarbeiten lasse (Sie kennen ja in der
Regel ihre Bücher und sich am besten). Im Zuge dessen entstehen auch Ideen zum
Marketing und zum Vertrieb. PR-Texte werden geschrieben, Möglichkeiten der
Vermarktung ausgelotet, Zielgruppen definiert, damit das Buch auch die
richtigen Leser findet oder umgekehrt, und Lesungen werden organisiert. Das
alles sollte im Vorfeld stattfinden, bis das gedruckte Buch oder das
konvertierte E-Book vorliegt. Aber das wäre der Idealfall. In der Realität
kommt manchmal was dazwischen. Timelines müssen verschoben, der Großhandel
informiert werden.
Irgendwann ist er
dann aber da, der große Moment: Die Autoren halten ihr Buch in der Hand (ich
natürlich auch). So viel Arbeit steckt da schon drin, aber jetzt geht es
eigentlich erst richtig los mit dem Buchleben. Ein seriöser Verlag lebt nun mal
vom Bücher verkaufen (Die Druckkostenzuschussverlage haben andere Einnahmemodelle).
Darüber hinaus
versuche ich, die Zusammenarbeit mit Bloggern zu intensivieren, weil die
klassischen Medien und Zeitungen nicht mehr die Ansprechpartner früherer Jahre
sind (Personalabbau in den Redaktionen) und weil ich bei den Buch- und
Literaturbloggern und deren Followern die Leidenschaft fürs Lesen und für
Bücher spüre. Sie sind mit Liebe und Engagement bei der Sache, was sehr schön
zu beobachten und enorm hilfreich ist.
Zudem präsentiere
ich den Verlag auch auf (kleineren) Buchmessen. Auf der wichtigsten Buchmesse
in Frankfurt wird mainbook 2015 erstmals vertreten sein. Ein Abenteuer der
besonderen Art! Ich hoffe, möglichst viele Bloggerinnen und Blogger an unserem
Stand begrüßen zu dürfen.
Ich könnte jetzt
noch vieles schreiben, aber ich denke, eines ist sehr deutlich geworden: So ein
Verlag ist kein normaler Job, sondern eine Lebensaufgabe. Meine Lebensaufgabe.
· Thema Buchmessen? Wie steht der
Verlag zu Buchmessen?
o
Wir sind seit 3
Jahren auf der Frankfurter Buchmesse vertreten, was für einen kleinen Verlag
alles andere als selbstverständlich ist. Zudem sind wir seit 6 Jahren auf der
kleinen Buchmesse Main-Kinzig in Nidderau (vor den Toren Frankfurts, immer im
April). Aufgrund der Ausrichtung des Verlages gehen wir nicht auf die Leipziger
Buchmesse.
· Durch wie viele Hände geht ein
Buch auf seinem Weg vom Schriftsteller bis hin zur Veröffentlichung?
o
Durch meine, weil
ich es lektoriere, und die des Grafikers. Also außer dem Autor mindestens 2.
Manchmal auch mehr.
· Wie kommt der Preis von einen
Buch zustande?
o
Ich schätze die
Absatzchancen ein, dadurch kann ich die Auflagenhöhe bestimmen und so den
ungefähren Druckpreis errechnen. Danach richtet sich der Verkaufspreis. (die
Druckkosten sind mit Abstand der höchste Kostenfaktor in der Herstellung eines
Buches)
· Wie siehst Du das Verhältnis von,
E-Books und gebundenen Büchern? Gibt es
vielleicht bald keine gedruckte Bücher mehr? Oder ist so ein Ebook eine gute
Ergänzung?
o
Beides wird
parallel existieren. E-Books werden hauptsächlich in den Genres Krimi/Thriller,
Fantasy und Sex/Erotik/Liebesromane gelesen. In anderen Segmenten kaum. das
wird sich fortsetzen. In Deutschland wird es aber immer gedruckte Bücher geben.
· Gibt es Autoren, von denen Du
unbedingt mal gerne was verlegen würdest?
o
Klar, aber an die
komme ich nie und nimmer ran, Jo Nesbö zum Beispiel
· Welche Voraussetzungen muss für Dich
ein Manuskript erfüllen, damit es in die engere Auswahl für eine
Veröffentlichung gelangt?
o
Es muss mich auf
den ersten drei Seiten in die Geschichte reinziehen, sodass ich es unbedingt zu
Ende lesen möchte. Wenn mir ein Autor sagt: Aber mein Buch wird erst ab Seite
30 richtig spannend, sage ich: Schreib es um!
· Wie kommen die Autoren auf den
Verlag / bzw. zu diesem Verlag? Welche Kriterien sind da auschlaggebend?
o
Ich bekomme
Zuschriften von Autoren (Leseproben, Exposees, Manuskripte). Ich prüfe, ob
diese ins Verlagsprogramm passen und ob sie gut geschrieben sind. Manchmal wenden
sich Autoren an mich auf Empfehlung eines anderen, dann kann es auch anders
laufen. Mit Literaturagenten arbeite ich (noch) nicht zusammen
· Deine Buchempfehlung für die
Leser?
o
„Schwarzes Echo“
von Michael Connelly. Sein erster Krimi von 1992 und gleich Weltklasse.
„Kill your friends“
von John Niven. Roman übers
Musikbusiness, bei dem ich schallend lachen musste.
Vielen Dank, lieber Gerd in den tiefen Einblick ins Verlagswesen und Deinem Verlag. Es war überaus interessant. Ich hoffe, das noch viele weitere spannende Stöffche von hier kommen. Und unter uns gesagt, ich mag gerade die kleinen Verlage, die, die sich auch noch Zeit für Autoren, Leser und Blogger nehmen!!
Bild vom mainbook Verlag |
Hallo Anja, ich habe leider den Facebookbeitrag von Gerd Fischer erst viel später gesehen. Heute habe ich endlich die Zeit genommen und das gesamte Interview gelesen. Sehr schön und interessant! Jetzt freu ich mich auf morgen und den Freitagsfüller. Liebe Grüße
AntwortenLöschenAnke