Sie
ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie mit dem Schwerpunkt Forensische
Psychiatrie. Sie leitete 18 Jahre Kliniken für Forensische Psychiatrie und ist
nun ausschließlich als Sachverständige für Forensische Psychiatrie tätig. Sie
begutachten Straftäter zur Schuldfähigkeit und erstellt Prognosegutachten über
Täter in Strafhaft und im Maßregelvollzug. Ihre Schwerpunkte sind sexuelle
Gewaltstraftaten und Tötungsdelikte, schwere Gewaltstraftaten und
Tötungsdelikte im sozialen Nahraum, u. a. bei Amok oder bei schweren
psychischen Erkrankungen und schwere Persönlichkeitsstörungen.
Sie
wird beauftragt von den Staatsanwaltschaften, von Gerichten,
Justizvollzugsanstalten, Sozialtherapeutische Anstalten, Kliniken der
Forensischen Psychiatrie. Aber wer ist diese Fachärztin? Wer steckt dahinter?
Gerne hat Frau Saimeh auf meinen kleinen braunen Sofa Platz genommen.
Gerne hat Frau Saimeh auf meinen kleinen braunen Sofa Platz genommen.
Daher
würde Ich gerne ein wenig hinter der Person Dr. med. Nahlah Saimeh schauen und
habe Ihr ein paar Fragen gestellt.
·
Sie sind Fachärztin für Psychiatrie und
Psychotherapie Schwerpunkt: Forensische Psychiatrie. wie kam es zu
dem Beruf, diesen Werdegang.
Ursprünglich
wollte ich gewissermaßen das Gegenteil von Psychiatrie machen; ich wollte
nämlich Chirurgin werden. Mein Interesse an der Psychiatrie wurde erst während
des Medizinstudiums geweckt. Die Vorlesung mit Patientenvorstellungen fand ich
so beeindruckend, dass ich erst dadurch verstanden habe, was psychische
Erkrankungen eigentlich sind und wie wichtig das Fach ist. Erst da habe ich
beschlossen, dass ich Psychiaterin werden will. Seitdem habe ich das dann
zielstrebig verfolgt, also als Studentin in der Psychiatrie gejobbt, meine
Doktorarbeit in der Psychiatrie gemacht, meine Facharztausbildung zügig
absolviert und dann war es wieder Zufall, dass ich mit der Forensischen
Psychiatrie in Kontakt kam.
·
Warum gerade diese Richtung?
Im
Laufe meiner Facharztausbildung bekam ich auch Patienten, die im Zusammenhang mit
ihrer psychischen Erkrankung straffällig geworden waren. Ich habe mich dann in
dieses Schnittmengengebiet zwischen Psychiatrie und Kriminologie eingearbeitet
und habe auch die gutachterlichen Fragestellungen dahinter sehr interessant
gefunden.
·
Sie sprechen oft ja mit Tätern. Haben Sie da auch schon
mal Angst, diesem gegenüber zu sitzen?
Nein,
die Gespräche verlaufen sehr ruhig. Es ist ja eher so, dass Personen, die sich
begutachten lassen, entweder versuchen, sich möglichst gut darzustellen oder
aber auch das Gespräch für ein Resümee nutzen wollen. Es gibt aber auch
Personen, mit denen kann man nicht im Vieraugengespräch sein. Das ist aber sehr
selten der Fall. Dann muss eben ein Beamter oder in der Klinik dann jemand vom
Pflegepersonal anwesend sein. Das kommt aber kaum vor.
·
Was war der Fall, der Ihnen am meisten im Gedächtnis
geblieben ist, oder am längsten?
Es
gibt im Laufe der Zeit natürlich viele Straftaten und Straftäter, die einem
wegen besonderer Details der Straftaten oder aber wegen besonderer
Persönlichkeitseigenschaften gut im Gedächtnis bleiben. Eine Reihe dieser Fälle
habe ich ja in dem Piper-Taschenbuch ausführlicher beschrieben. Wenn jemand
seine Frau tötet und die Leiche dann auf der Straße verbrennt, weil er es nicht
mehr schafft, die Leiche anderweitig verschwinden zu lassen, dann prägt sich
das natürlich ein. Oder jemand, der seine Stieftochter über Jahre sexuell
missbraucht, sie dann tötet und im Kleingarten vergräbt.
·
Wie kam es dazu, Bücher über Ihre Arbeit zu schreiben?
Es
gab ein Interesse an der Arbeit und daran, die Zusammenhänge zwischen
psychischer Störung und der Begehung von Straftaten zu erklären. Ich habe dann
überlegt, ob ich dazu beitragen will und für mich war es wichtig, keine
Sensationslust zu bedienen, sondern zum Nachdenken anzuregen.
·
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
In
meiner Tätigkeit als ärztliche Klinikleitung hat man natürlich viel mit
Verwaltungsarbeit, Personalfragen etc. zu tun. In der eigentlichen Tätigkeit
als forensische Psychiaterin dreht sich alles um intensives Aktenstudium und
die Befragung, die Gespräche mit den Insassen in Forensischen Kliniken und
Justizvollzugsanstalten und dann geht es darum, sorgfältig alles miteinander in
Beziehung zu setzen und auszuwerten und die von der Justiz gestellten Fragen zu
beantworten. Kurzum: ich sitze viel am Schreibtisch und ansonsten bin ich viel
in Justizvollzugsanstalten und Kliniken und spreche viele Stunden mit
Straftätern.
·
Was tun Sie, um von Ihrer Arbeit abzuschalten?
Wenn
es die Zeit zulässt, schaue ich mir gerne Ausstellungen an. Meine Arbeit
empfinde ich ja nicht als Belastung, sondern als sinnvolle und sehr
interessante Tätigkeit.
·
Gab es auch positive Erlebnisse mit Tätern?
Es
freut mich natürlich, wenn jemand sich in dem Gutachten, das ich über ihn
geschrieben habe, gut beschrieben und gut erkannt fühlt. Das kommt sogar auch
dann vor, wenn etwas Kritisches in dem Gutachten steht.
·
Wie reagieren die Menschen auf
Sie, wenn Sie sich mit Ihrem Beruf vorstellen?
Es gibt zwei Sätze, den ich ständig höre: Oh,
das ist aber eine sehr schwierige und belastende Aufgabe und Da
tragen Sie aber viel Verantwortung. Man hört ja ständig, dass da wieder einer
laufen gelassen wurde und dann ein Kind tötet. Ich finde das
immer verblüffend- vor allem das mit der Verantwortung. Viele Berufe erfordern
ein sehr verantwortungsbewusstes Handeln und zwar in ganz verschiedenen
Bereichen. Das gilt für den Zugführer, für den Busfahrer, für den Piloten, aber
auch für jeden anderen Arzt, für Spitzenpolitiker etc. etc. Und dass man
„immer“ hört, dass „wieder“ einer laufen gelassen wurde, ist richtig, bildet
aber nicht das faktische Verhältnis von Rückfalltaten ab.
·
Verfolgen Sie das Ende der
Fälle?
Nicht
immer.
·
Wie schaffen Sie es,
unvoreingenommen und neutral zu arbeiten?
Das
ist bei mir offenbar eine Persönlichkeitseigenschaft, die es mir eher leicht
macht, die Tätigkeit auszuüben. Sachlichkeit ist sicherlich eine meiner
Lieblingseigenschaften.
· Welche Art von Menschen kann
Ihnen noch Angst machen?
Das ist eher eine Frage für den politischen Raum.
·
Lehnen Sie Fälle ab?
Das
ist bisher nicht vorgekommen – außer aus Zeitmangel natürlich.
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Ist es ihnen manchmal unangenehm einen Straftäter
gegenüber zu sitzen
Mir
ist es nicht unangenehm, mit jemandem zu sprechen, es gibt aber natürlich
Menschen, die durchaus sehr unangenehme Eigenschaften haben. Das ist aber
zweierlei. Und letztere muss man dann so beschreiben, dass auch die Leser des
Gutachtens verstehen, wie dieser Mensch die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen
gestaltet.
·
Was macht für Sie Ihre Arbeit so
besonders?
Die Vielfältig, die Individualität jedes einzelnen
Menschen und die ständige Vergegenwärtigung dessen, dass Dankbarkeit und Demut
im Leben zwei sehr wichtige Grundhaltungen sind.
·
Im Fernsehen sprechen Sie ja als
Expertin bei den spektakulärsten Kriminalfällen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich wurde angefragt. Sendungen dieser Art erfreuen sich
offenbar großen Interesses und so hat man mich dafür angesprochen.
Ich danke Ihnen für die Zeit, die Sie sich für mich und meinen Blog genommen haben. Ein sehr interessanter Einblick in Ihrer Arbeit.
(Bild von Bildagentur Pitopia)
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