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Sonntag, 14. April 2019

Interview mit einem ....Kriminaisten Teil 3


Auf der Buchmesse habe ich durch Zufall den Stand vom Verlag Kirchschlager gefunden. Der hat mich sehr angesprochen, da dieser Wahre Kriminalitätsbücher unter anderem vertreibt. An diesem Stand waren auch zwei nette Herren, mit denen ich gleich ins plaudern gekommen bin. Und dabei erklärte sich Kriminalrat a.D. Lothar Schirmer bereit, mir einen Einblick in seinem damaligen Berufsleben zu geben. Vielen Dank, Herr Schirmer. Jahre lang arbeitete er als Kriminalist. Er war Gast bei "Kripo live", „Escher – der MDR Ratgeber“ und viele anderen Sendungen.
Nun ist Herr Schirmer aber auch Schriftsteller. Doch nicht ihm möchte ich ein wenig aushorchen, sondern der Person Kriminalrat a. D.

  • Sie sind Kriminalrat a. D.  Wie kam es zu dem Beruf, diesen Werdegang.
    • Eigentlich wollte ich Lehrer werden. Ich habe mein Abitur an der Erweiterten Oberschule (EOS) in Havelberg gemacht. In der 11. Klasse habe ich die Aufnahmeprüfung an der Pädagogischen Hochschule in Halle (Saale) bestanden aber nach dem Abitur wurde ich für 18 Monate zur NVA eingezogen. Da verschob sich der Studienbeginn unfreiwillig.
  • Warum gerade diese Richtung?
    • In einem Kurzurlaub während meiner Armeezeit (1969) sprach mich der ABV (Abschnittsbevollmächtigter der Volkspolizei) meines Heimatortes Klietz an und fragte, ob ich nicht Lust hätte bei der Kriminalpolizei anzufangen. Nun ja, damals lief im DDR-Fernsehen die Serie „Blaulicht“. Ich fand es interessant, wie die Kriminalisten der Serie mit dem Wartburg Kombi durch das Land fuhren und Kriminalfälle lösten. Solche banalen Ereignisse können einen Lebensweg ändern. Ich sagte mein Lehrerstudium ab und begann nach dem Wehrdienst im September 1970 als Kriminalassistent im damaligen VPKA (Volkspolizei Kreisamt) Magdeburg. Später folgte ein Kriminalassistentenlehrgang in Potsdam und dann das Studium an der Fachschule des Ministeriums des Innern „Wilhelm Pieck“ in Aschersleben, Fachrichtung Kriminalpolizei.
  • Sie sprachen oft ja mit Tätern. Hatten Sie da auch schon mal Angst, diesem gegenüber zu sitzen?
    • Nein. Selbst Gewalttäter, die sich in der Gruppe vor Gleichgesinnten durch besondere Brutalität hervortaten, sind in der Regel recht kleinlaut und darauf bedacht, die eigene Haut zu retten, wenn sie vernommen werden.
  • Was war der Fall, der Ihnen am meisten im Gedächtnis geblieben ist, oder am längsten?
    • Im Februar 1982 bin ich mit meiner Diensthabenden Gruppe der Kriminalpolizei (DHG – heute vergleichbar mit dem Kriminaldauerdienst), gemeinsam mit Einsatzkräften der Schutzpolizei und der Sowjetarmee (GSSD – Garnison der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland) an der Verfolgung eines sowjetischen Fähnrichs beteiligt gewesen, der aus der Einheit geflohen war und 6 seiner Kameraden vorher erschossen hatte. Mit einem Oberleutnant der GSSD und einem Offizier des KGB trafen wir auf den Geflüchteten, der sich in der Garderobe einer Disco versteckt hatte. Hier gab es eine wilde Schießerei und die Explosion einer Handgranate. Alles hautnah. Das möchte man nicht noch einmal erleben aber wenn man es als Kriminalist erlebt und heil überstanden hat, gibt es einem ein Stück Erfahrung, die einem auf keiner Schule beigebracht werden kann.
  • Wie kam es dazu, Bücher über Ihre Arbeit zu schreiben?
    • Ich habe nach 1990, im vereinten Deutschland den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Kriminalprävention in Magdeburg aufgebaut. In der Folgezeit habe ich mit vielen Geschädigten die Opfer von Betrugsdelikten und Trickdiebstählen wurden gesprochen. Ihre Geschichten habe ich aufgeschrieben und zur Kriminalitätsvorbeugung im Fernsehen, Radio und den Printmedien verwendet. Diese Sammlung bildete die Basis für die Geschichten, die ich in meinen beiden Büchern „Die Tricks derGauner und Ganoven“ und „Abgezockt von Gaunern und Ganoven“ aufgeschrieben habe.
  • Wie sah im Allgemeinen Ihr Arbeitsalltag aus?
    • In den 40 Jahren bei der Kriminalpolizei habe ich von klassischen Verfolgungsjagten über Brandstiftungen, Morde und Vergewaltigungen alles erlebt, was die Palette der Kriminalität hergibt. Da gab es akribische Tatortarbeit, stundenlange Vernehmungen und nervende Schreibtischarbeit. In den letzten 20 Jahren machten enger Kontakt zu den Menschen bei Vorträgen und die Zusammenarbeit mit den Medien meine Arbeit in einer anderen Weise interessant.
  • Und jetzt, wie ist Ihr Alltag?
    • Als ich 2010 in den Ruhestand ging, bekam ich vom MDR das Angebot über mehrere Jahre in loser Folge Präventionsbeiträge für das Fernsehen und das Radio zu produzieren. Seit dieser Zeit gehöre ich zu den Senioren-Sicherheitsberatern. Das ist eine Gruppe ehemaliger Polizeibeamter, die in Ihrer Freizeit Kriminal- und Verkehrsprävention bei Vorträgen vor älteren Menschen betreiben.
  • Was taten Sie, um von Ihrer Arbeit abzuschalten?
    • Das Familienleben pflegt. Ich bin seit 47 Jahren verheiratet, habe zwei erwachsene Söhne und eine Enkelin. Damals, als meine Söhne noch klein waren, waren wir oft mit dem Trabbi und einem Zelt unterwegs. Zum Abschalten habe ich gern meine Gitarre in die Hand genommen und Songs aus den 60ern gespielt.
  • Gab es auch positive Erlebnisse mit Tätern?
    • Nicht jeder ist ein unverbesserlicher Verbrecher. Da brachten oft tragische Umstände oder der falsche Umgang einen Menschen dazu straffällig zu werden. Vielen hat man angemerkt, dass sie ehrlichen Herzens da raus wollen und nicht wenige von ihnen haben es auch geschafft. Ein Familienvater, der mit Frau und zwei Kindern unterwegs war, hat mich vor einigen Jahren auf einem Volksfest angesprochen. „Herr Schirmer, erinnern Sie sich noch an mich? Sie haben mich damals vernommen als ich mit meinen Kumpels eine Strohmiete angesteckt hatte ...“. Na ja, der hat den rechten Weg gefunden.
  • Wie reagieren die Menschen auf Sie, wenn Sie sich mit Ihrem Beruf vorstellen?
    • Zu DDR-Zeiten mit sehr viel Respekt, nach der Wende meist freundlich, weil mich viele aus den Medien kennen.
  • Verfolgten Sie das Ende der Fälle?
    • Nein. Die abschließende Bearbeitung und die Übergabe der Fälle an die Staatsanwaltschaft übernahm meist ein spezieller Bereich der Kriminalpolizei.
  • Wie schafften Sie es, unvoreingenommen und neutral zu arbeiten?
    • Das lernt man im Laufe der Zeit. Wichtig ist es, dass man die Fälle emotional nicht zu dicht an sich heranlässt. Es ist eine Arbeit, die sachlich, nüchtern und mit hoher Qualität, abseits von persönlichen Emotionen erledigt werden muss.
  • Welche Art von Menschen kann Ihnen noch Angst machen?
    • Menschen, die keine Achtung vor dem Leben anderer haben. Denen es an Toleranz gegenüber Andersdenkenden fehlt und die sich anmaßen über Leben und Tod anderer entscheiden zu können.
  • Lehnten Sie Fälle ab?
    • Nein. Die Bearbeitung von Fällen ist meist Teamarbeit.
  • Was ist der Unterschied zwischen einen Kriminalisten und einem Diplomkriminalist?
    • Die Regel war zu DDR-Zeiten eine Ausbildung als Kriminalist in einer Fachschule der Polizei. 1961 wurde an der Humboldt-Universität Berlin (Ost) der Studiengang Kriminalistik geschaffen. Damit hatten Absolventen die Möglichkeit den akademischen Grad des Diplomkriminalisten zu erwerben. Die Absolventen wurden in der Regel in leitende Funktionen bei der Kriminalpolizei eingesetzt.
  • Was macht für Sie Ihre Arbeit so besonders? 
      • Wenn man diesen Beruf mit Leidenschaft lebt, ist es einer der interessantesten, die ich mir vorstellen kann.
 
Zu dem, was ich jetzt als pensionierter Kriminalbeamter so alles mache, erfahren Sie mehr auf meiner Internetseite www.gauner-und-ganoven.de.


beide Bilder sind vom Verlag Kichschlager 

Und zum Schluß noch eine  interessant Information über Lothar Schirmer. Er ist der Moderator von Schirmer, Charme und Melone

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