Lange, lange ist es her, dass es mal ein Interview gab. Vor allem mit einem Verlag. Doch nun in den Sommerurlaub habe ich es geschafft, die Kristina vom lichtungs Verlag für ein Interview zu gewinnen. Getroffen habe ich sie auf der diesjährigen Buchmesse in Leipzig. Da ist mir das interessante Buch "Spukhafte Fernwirkung" aufgefallen. Ein sogenanntes "Mitmachbuch" meine Rezension findet ihr hier dazu.
Und so möchte ich Euch den Verlag einmal näher vorstellen, bzw. das macht Kristine für mich :-)
Also liebe Kristine, erzähl uns mal etwas über deinen Verlag.
(Grafik von lichtungs Verlag)
· Magst Du Deinen Verlag einmal in kurzen Worten vorstellen? Wie ist seine Entstehungsgeschichte?
Den lichtung verlag gibt es tatsächlich schon ziemlich lange: Seit Ende der 1980er Jahre, damals haben sich einige Kulturinteressierte in der Region zusammengetan, um zunächst einen Verein und eine Kulturzeitschrift zu gründen. Im Bayerischen Wald war damals kulturell noch nicht so viel geboten wie heute, die Region war stark touristisch geprägt, daher wollte man selbst etwas auf die Beine stellen und sich vernetzen.
· Seit wann gibt es den Verlag?
Der Verlag wurde dann offiziell 1990 als GmbH gegründet. Zur Zeitschrift lichtung waren nämlich die ersten Bücher dazugekommen, und eine Gesellschaft konnte das finanziell besser stemmen als der Verein.
· Wie kommt man zu seinem eigenen Verlag?
Ich bin noch nicht seit Anfang an dabei, der Verlag ist ja fast so alt wie ich. Ich habe während meines Germanistik-Studiums schon angefangen, im Verlag mitzuarbeiten, und nach meinem Abschluss habe ich dann direkt im Verlag angefangen. 2014 ist der bisherige Verleger Hubert Ettl in Ruhestand gegangen, er hat den Verlag an mich und meine Kollegin Eva Bauernfeind übergeben.
Bild von lichtungs Verlag. In der mitte Kristine Pöschl.
· Wievielte Mitarbeiter hat dieser Verlag?
Wir sind tatsächlich nur zu zweit im Büro! Eva betreut hauptsächlich das Magazin und ich vor allem die Bücher. Aber natürlich gibt es viele Überschneidungen, wir sprechen uns ab, sie lektoriert auch die Bücher, ich setze das Magazin. Außerdem haben wir eine Buchhalterin, die zwei Vormittage pro Woche da ist. Und dann haben wir im Hintergrund noch unsere Redaktion und die Gesellschafter, die uns unterstützen.
· Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Deinem Verlag aus?
Einen ganz normalen Arbeitstag gibt es eigentlich nicht, weil wir beide nicht nur im Verlag arbeiten, sondern auch noch Nebentätigkeiten haben. Die Bezahlung in einem kleinen Verlag ist nämlich nicht gerade üppig! Ich erledige, was gerade ansteht. Die Arbeit ist sehr vielseitig, das ist das Schöne daran, einen kleinen Verlag zu haben. Ich lese Mails und beantworte Anfragen, bearbeite Buchbestellungen und verschicke Bücher, ich kontaktiere Veranstalter und die Presse, ich betreue unsere Social-Media-Kanäle und die Webseite, ich erstelle Prospekte, Anzeigen und Plakate, melde neue Titel an, erstelle die Jahresbilanz, fahre zu Lesungen, wechsle die Druckerpatronen, und, und, und, … Ach ja, und ich mache natürlich Bücher, ich lese also Manuskripte, lektoriere und korrigiere, kommuniziere mit den Autorinnen und Autoren, erstelle den Satz im Layout-Programm, hole Angebote von der Druckerei ein usw. Viele Aufgaben und immer neue Herausforderungen, aber das gefällt mir! Auch wenn die Zeit eigentlich immer zu knapp ist.
· Was ist das Besondere an diesem Verlag?
Zum einen, dass wir eben alles selbst machen, wie eben beschrieben. Zum anderen, dass wir regional stark vernetzt sind. Der Verlag ist in der Region für die Region entstanden, wir haben eine starke Plattform für Kulturschaffende und Autor:innen in der Region aufgebaut. Der lichtung verlag ist hier ein Begriff. Das heißt natürlich nicht, dass unsere Bücher nicht auch überregional interessant sind!
· Werbung für den Verlag, wie gestaltet diese sich?
Große Anzeigen können wir uns nicht leisten und ehrlich gesagt haben sie auch nicht mehr denselben Effekt wie früher. Wichtig ist für uns, lichtung-„Fans“ zu gewinnen, die unser Programm schätzen und uns auch weiterempfehlen. Das gelingt uns durch die Abonnent:innen unserer Zeitschrift. Wir versuchen präsent zu sein, durch Lesungen, bei regionalen Buchmessen. Wir sind in den sozialen Medien aktiv. Und wir versuchen natürlich, in der Presse besprochen zu werden.
· Gibt es einen Schwerpunkt bzw. ein bestimmtes Genre in Bezug Bücher in Deinem Verlag? Z. B. Krimis, Kinderbücher oder Romantik?
Ja, wir haben ein belletristisches Programm für Erwachsene, wir verlegen also Romane, Erzählbände und Lyrik. Hin und wieder erscheinen auch Anthologien, Sachbücher oder Fotobände. In irgendeiner Weise haben unsere Bücher immer einen Bezug zu Ostbayern.
· Thema Buchmessen? Wie steht der Verlag zu Buchmessen?
Messen sind immer ein großer Aufwand, auch in der Vor- und Nachbereitung, aber wir gehen gerne auf regionale Buchmessen, um unsere Leser:innen treffen zu können, um gesehen zu werden, um uns zu vernetzen. Dieses Jahr gab außerdem eine Premiere: Wir waren zum ersten Mal mit einem kleinen Stand auf der Leipziger Buchmesse! Und es hat großen Spaß gemacht, es ist toll, wie viele Leute aus der Branche man dort treffen kann und wie viele Menschen man erreicht. Ich kann mir vorstellen, dass wir das nächstes Jahr wiederholen …
(hoffentlich wiederholt Ihr das... ich möchte Euch auch wieder besuchen kommen)
Durch wie viele Hände geht ein Buch auf seinem Weg vom Schriftsteller bis hin zur Veröffentlichung?
Bei uns durch nicht so viele! Die meisten Autor:innen haben ihre Erstleser, bevor sie das Manuskript an uns weitergeben. Meine Kollegin Evi und ich lektorieren es in einem ersten Durchgang, dann wird es vom Autor oder der Autorin noch einmal überarbeitet. Dann setze ich es am Computer, das Satzmanuskript wird wiederum von uns beiden und dem Autor oder der Autorin korrigiert. Ich gebe die Korrekturen ein, den fertigen Satz gebe ich weiter an die Druckerei. Im Grunde sind es also nur drei Personen: Der Autor/die Autorin und wir zwei vom Verlag.
· Wie kommt der Preis von einem Buch zustande?
Dafür wird eine Kalkulation erstellt. Man muss berücksichtigen, dass beim Verkauf über den Buchhandel mit dem Buchhandelsrabatt und dem Versand 50 Prozent vom Ladenpreis schon wegfallen – manchmal sogar mehr als 50 Prozent. Dann muss man noch die Druckkosten abziehen, das Honorar für den Autor oder die Autorin, die Kosten für das Lektorat und den Satz, Verwaltungskosten des Verlags, … von einem verkauften Buch bleibt viel weniger übrig, als manche denken. Bücher sind in letzter Zeit teurer geworden, das liegt daran, dass die Druckkosten in letzter Zeit enorm gestiegen sind. Wenn ich eine Neuauflage eines Buches plane, das vor zehn Jahren vielleicht 9,90 Euro gekostet hat, muss ich jetzt den Preis oft erhöhen – sonst zahle ich beim Verkauf des Buches sogar drauf.
· Wie siehst Du das Verhältnis von E-Books und gebundenen Büchern? Gibt es vielleicht bald keine gedruckten Bücher mehr? Oder ist so ein Ebook eine gute Ergänzung?
Ich habe keine Angst vor E-Books. Einige unserer Bücher erscheinen parallel auch als E-Book. Die Verkaufszahlen sind zwar nicht riesig, aber der Aufwand, ein Buch auch als E-Book zu produzieren, ist gering. Es ist für uns ein sehr kleiner Zusatzmarkt. Ich denke, Print und E-Book werden sich auch in Zukunft ergänzen. Menschen, die gerne lesen, lesen oft gerne in beiden Formaten.
· Was zeichnet in Deinen Augen ein gutes Buch aus?
Ein gutes Buch muss mir gefallen, ganz einfach. Ich kann nur Bücher verlegen, von denen ich auch selbst überzeugt bin. Das ist immer eine subjektive Entscheidung: Gefällt mir der Schreibstil, spricht mich das Thema an, passt es in unser Programm? So geht es mir ja auch, wenn ich Bücher aus anderen Verlagen lese: Ich merke schon auf den ersten Seiten, ob es ein Buch für mich ist.
Wie viele Autoren arbeiten derzeit Deinen Verlag?
Puh, gute Frage! Wir verlegen fünf bis zehn Bücher pro Jahr, und das seit 35 Jahren … gerne arbeiten wir auch immer wieder mit denselben Autor:innen zusammen. Aktiv sind es vielleicht derzeit 20 bis 30 Autor:innen? Nachgezählt habe ich aber nicht.
· Gibt es Autoren, von denen Du unbedingt mal gerne was verlegen würdest?
Die gilt es noch zu entdecken! Noch unbekannte Autor:innen, die es einfach drauf haben. Zum Beispiel jemand, der richtig gute, moderne Roman schreibt. Oder ein junger Autor oder eine Autorin, die Lyrik in bairischer Mundart schreibt.
· Welche Voraussetzungen muss für Dich ein Manuskript erfüllen, damit es in die engere Auswahl für eine Veröffentlichung gelangt?
Es muss mich einfach packen! (siehe auch die Antwort oben drei Fragen vorher)
· Wie unterstützt Du die Autoren in Bezug auf Werbung?
Wir haben eine Verlagshomepage und Prospekte, sind auf Facebook und Instagram aktiv, wir versenden Presseexemplare, wir unterstützen bei der Suche nach Veranstaltungsorten oder organisieren selbst Lesungen, wir sind auf Messen, manchmal drucken wir Postkarten oder Lesezeichen zum Buch, … wir versuchen so aktiv wie möglich zu sein, aber unsere Zeit ist leider begrenzt.
· Wie kommen die Autoren auf den Verlag / bzw. zu diesen Verlag? Welche Kriterien sind da auschlaggebend?
Wir arbeiten mit keinen Agenturen zusammen. Da wir ein gutes Netzwerk haben, kennen wir viele Kulturschaffende, man trifft sich irgendwo, bekommt eine Empfehlung, … Wir bekommen natürlich auch unzählige Manuskripteinsendungen, mehrere wöchentlich. Das ist aber ganz selten der Fall, dass eine unaufgeforderte Einsendung ins Programm aufgenommen wird. Zumal unser Programm mit 5 bis 10 Titeln so klein ist, dass wir kaum Neues dazunehmen können.
· Wie sieht die Zukunft aus oder wie könnte die Zukunft aussehen?
Eine gute Frage! Ich glaube schon, dass es Bücher immer geben wird. Sorgen macht mir, dass die Vielfalt zunehmend verloren geht und es sich immer mehr auf große Verlagshäuser und bekannte Namen konzentriert. In den letzten Jahren haben schon sehr viele kleine Verlage, aber auch kleine Druckereien und inhabergeführte Buchhandlungen aufgehört. Wir spüren bisher zum Glück keinen Einbruch bei uns – und solange das so bleibt, machen wir auch weiter!
· Deine Buchempfehlung für die Leser?
Mein Lieblingsbuch ist eigentlich immer unser aktuellstes Buch. Das ist gerade „Zeit fließt herein“ von Barbara Krohn. Sie hat ein eigenes Genre entwickelt, die „Alltagsrettungen“: Das sind kurze, poetische Prosatexte, die in wunderbaren, warmen Worten dazu aufrufen, die Perspektive zu wechseln. Klingt etwas esoterisch, ist es aber überhaupt nicht, sondern sehr poetisch und berührend. Aus anderen Verlagen haben mit zuletzt „Ehern“ von Luise Maier und „Dschinns“ von Fatma Aydemir beeindruckt.
· Und zu guter Letzt, gibt es ein besonderes Erlebnis im Verlag /vom Verlag?
Hm. Schwierig, irgendetwas herauszugreifen! Am schönsten sind immer gelungene Veranstaltungen. Wenn man seine Bücher und Autor:innen bei Lesungen und Gesprächen präsentieren kann, manchmal auch an besonderen Orten, und wenn das auch gut ankommt beim Publikum, das ist sehr beglückend.
Liebe Kristine, danke für das tolle Interview und den Einblick in den lichtungs Verlag. Übrigens gibt es sogar einen Podcast davon. Und hier findet Ihr die bisher erschienenen Bücher . Also ich finde, das sind schon sehr intressante Bücher dabei :-)
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